So beginnen viele dieser lyrischen Meisterwerke, die liebende Verwandte oder besonders gute Freunde anlässlich eines (meist) runden Geburtstags verfassen. Und weil sie völlig zurecht davon überzeugt sind, dass sowohl dem Jubilar wie auch der literarischen Welt diese Perle der Literatur nicht vorenthalten werden darf, veröffentlichen sie sie als Anzeige in ihrer Tageszeitung.
Da sind dann zum Beispiel heute in meiner hochgeschätzten Heimatzeitung folgende poetische Liebeserklärungen zu lesen (*Namen geändert):
„Hallo Karin*, schau nur hin
heut stehst Du in der Zeitung drin.
Unaufhaltsam, still und leise
mehren sich die Jahreskreise.
Plötzlich macht im Gang der Zeit
eine neue Zahl sich breit…“
Das ist großartig! Ein ehernes Kunstwerk aus Worten, geschmiedet für die Ewigkeit. Und dennoch leben unter uns bislang unentdeckte Verbal-Artisten, die noch höhere Gipfel der Dichtkunst besteigen. Etwa diesen:
„Heut ist ein besondrer Tag!
Denn wenn jemand 60 Jahr wird,
braucht es einen Paukenschlag.
In der Zeitung steht’s gedruckt, Jahrgang 54.
Zu dieser Feier kommen wir,
heute wird es zünftig.
(…)
Alle, die Dich gerne haben, sind heut Deine Gäste,
sie wünschen Dir, wie soll es sein, fürs Leben nur das Beste.“
Nun gibt es natürlich auch Menschen, denen die Schönheit dieser vollkommenen Verse verborgen bleibt, Die sie als dichterischen Dreck diffamieren. Und die für ihr unqualifiziertes Urteil sogar den unsterblichen „Monaco Franze“ zitieren und behaupten, solcherart Reimkunst sei „ein rechter Scheißdreck“ sowie „altmodisch und provinziell“.
Diese bornierten Banausen drohen mitunter sogar ihren Verwandten und Freunden mit dem Abbruch sämtlicher Beziehungen, sollten diese ihnen jemals per gedichtetem Zeitungsinserat gratulieren – wozu auch immer.
Wahre Kenner der Künste hingegen wünschen sich nichts sehnlicher, als auch einmal mit wohlgesetzten Worten eine Würdigung dieser Art zu erfahren. Zu schade, dass mein nächster runder Geburtstag noch so lange auf sich warten lässt…